Autismus oder Autismus-Spektrum?

Die Bezeichnung Autismus stammt aus dem Griechischen autos = selbst (auf sich selbst bezogen). Als Autismus bezeichnet man eine Entwicklungsstörung, die sehr unterschiedliche Ausprägungen und Schweregrade haben kann. Viele Menschen aus dem Autismus-Spektrum haben Probleme mit sozialen Kontakten und mit der Kommunikation. Da die Bandbreite der Symptome und Ausprägungen groß ist, wird heute der Begriff „Autismus-Spektrum“ verwendet.

Was ist Autismus?

Autismus ist keine Krankheit, Autismus ist eine neurologisch bedingte Wesensart. Einfach erklärt bedeutet dies, dass sich Gehirne von Menschen aus dem Autismus-Spektrum von denen nicht autistischer Menschen unterscheiden. Man könnte sagen, die Gehirne funktionieren nach unterschiedlichen Systemen, wie unterschiedliche Betriebssysteme. Ein anschauliches Beispiel: Android und IOS – beides sehr gut funktionierende Systeme, aber eben komplett unterschiedlich. Neben den vielen Unterschieden gibt es aber natürlich auch Gemeinsamkeiten. Autismus besteht von Geburt und bleibt auch bestehen.

Merkmale von Autismus

Autismus kann man den Menschen nicht ansehen. Allerdings unterscheiden sich autistische Menschen in mehreren Bereichen von nicht-autistischen Menschen:

• Autisten kommunizieren und interagieren oft in anderer Art und Weise als ihr soziales Umfeld: Sie halten vielleicht zu viel oder zu wenig Abstand zum Gegenüber, sprechen zu laut oder zu leise, vermitteln durch Körperhaltung, Tonlage oder ähnliches andere Signale, als sie eigentlich senden möchten.
• Autisten erscheinen manchmal unsensibel, weil sie nicht erkennen, wie ihr Gegenüber sich fühlt. Dadurch können manche Themen oder Bemerkungen auch einmal unpassend oder verletzend erscheinen, was aber nicht so gemeint ist – es handelt sich dann lediglich um sachliche Feststellungen. Ein Beispiel hierfür könnte folgende Aussage sein: „Du bist aber dick.“
• Autisten haben eine andere Wahrnehmungsverarbeitung. Meistens handelt es sich dabei um sensorische Empfindlichkeiten, weil Reize anders gefiltert werden. Licht kann für Autisten z. B. viel zu grell erscheinen. Es könnte auch problematisch sein, an belebten Orten ein Gespräch zu führen, weil die Geräusche im Hintergrund nicht herausgefiltert werden können und so eine Reizüberflutung entsteht. Diese verursacht dann wieder Stress, Erschöpfung und Frustration. Eine solche Überreizung kann bei Autisten sogar Angst oder körperliche Schmerzen auslösen.
• Üblich ist für Autisten auch das Bedürfnis nach Beständigkeit. Abweichungen bringen Menschen mit Autismus oft Unsicherheit. Deswegen werden gerne bestimmte Alltags-Routinen eingebaut, wie z. B. jeden Tag dieselbe Strecke zur Arbeit nehmen oder immer das gleiche Frühstück – das gibt Sicherheit. Regeln bieten Autisten ebenfalls Sicherheit.

Formen von Autismus

Früher wurde Autismus oft in unterschiedliche Formen wie Frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom, High-Functioning-Autismus und Atypischer Autismus unterteilt – das war allerdings sehr willkürlich. Heute ist man, gerade in der Wissenschaft, dazu übergegangen, Autismus als Spektrum zu sehen. Keine zwei Menschen im Autismus-Spektrum sind gleich. Es gibt es keine klaren Abgrenzungen zwischen den einzelnen Autismus-Formen. Die Übergänge sind fließend.

Wir bilden Menschen aus dem Autismus-Spektrum aus

Seit 2004 werden junge Menschen aus dem Autismus-Spektrum im bbw Südhessen auf eine Ausbildung vorbereitet (BvB Autismus) und in über 30 Berufen ausgebildet – von handwerklichen bis zu kaufmännischen Bereichen.

Dabei erhalten sie spezielle, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Förderangebote wie das „Training sozialer Kompetenzen“. Klare Strukturen und ein überschaubarer Rahmen sind entscheidende Faktoren für den Erfolg der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen und den anschließenden Übergang in eine Ausbildung im bbw Südhessen.

Im Oktober 2019 hat das Karbener Berufsbildungswerk das „Gütesiegel Autismus“ erhalten, welches die Qualität der Förderung und Ausbildung bestätigt.