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Pressemitteilung

Gegen den Fachkräftemangel: Chancen für junge Menschen mit Förderbedarf in der Altenpflege

Gemeinsame Pressemitteilung von der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Hessen, bbw Südhessen, Kursana:

Zum Auftakt der Woche für Menschen mit Behinderung besuchten Vertreter der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit einen Absolventen des Berufsbildungswerks Südhessen (bbw) bei der Arbeit in einer Kursana-Senioreneinrichtung. Dass der junge Mann hier erfolgreich in den Beruf einsteigen konnte, liegt an einer bundesweit einzigartigen Pflegehilfeausbildung für junge Menschen mit Förderbedarf, die das bbw seit 2016 anbietet. Mit dem jungen Mann, den Mitarbeitenden des Berufsbildungswerks und der Pflegeeinrichtung diskutierten die Vertreter der Regionaldirektion über Erfolg und Zukunftsaussichten der Ausbildung. Denn allen Akteuren ist klar: Durch den demografischen Wandel der Gesellschaft sind neue Zielgruppen und innovative Zugangswege mehr denn je erforderlich, um dem steigenden Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken.

„Ich war extrem schüchtern, wenig selbstbewusst und hatte besonders in Mathe große Probleme“, erinnert sich Poul Gast, ehemaliger bbw-Auszubildender. Der heute 20-Jährige startete ohne Hauptschulabschluss die von der Arbeitsagentur geförderte dreijährige Reha-Ausbildung im Karbener Berufsbildungswerk. Durch ein innovatives Ausbildungskonzept absolvierte Poul eine doppelqualifizierende Ausbildung mit den beiden Berufsabschlüssen Fachpraktiker Hauswirtschaft und Altenpflegehelfer. Diese Verzahnung vermittelte ihm ein breites Spektrum an Inhalten und Qualifikationen und bereitet junge Menschen mit Förderbedarf optimal auf den Arbeitsmarkteintritt vor. „Um den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen, müssen Menschen mit Behinderungen immer noch viele Hürden überwinden. Viele Arbeitgeber scheuen den Schritt einen Menschen mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen einzustellen. Umso erfreulicher ist es, dass ich mit dem Kursana Domizil einen Arbeitgeber kennen lernen durfte, der sich bewusst dazu entschieden hat Menschen mit Förderbedarf eine Chance zu geben. Dass Poul Gast heute als Altenpflegehelfer arbeitet, ist dem Zusammenspiel der Agentur für Arbeit Offenbach und dem bbw Südhessen zu verdanken. Seine integrative Ausbildung beim bbw zum Fachpraktiker Hauswirtschaft konnte mit Mitteln der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden. Das bbw Südhessen hat Poul Gast erfolgreich ausgebildet und einen Arbeitgeber für ihn gefunden. Ich würde mich freuen, wenn es uns gemeinsam gelingt, noch mehr junge Menschen mit Einschränkungen auf ihrem Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu begleiten. Und ich wünsche mir noch mehr Arbeitgeber, die durch diese gelungene Integration angeregt werden, diesem Beispiel zu folgen“, sagt Joav Auerbach, Geschäftsführer Operativ der Regionaldirektion Hessen.

Junge Menschen mit Förderbedarf wie z. B. bei einer Lernschwäche, hatten bisher kaum eine Chance in Pflegeberufe einzusteigen, weil die schulischen Zugangsvoraussetzungen und das Lerntempo sehr hoch sind. Das bbw Südhessen bietet nun die Möglichkeit für eine hoch motivierte Zielgruppe, die sowohl Interesse als auch passende Kompetenzen mitbringt. „Dass die Ausbildung heute so durchführbar ist, ist einem langen Prozess und dem Zusammenspiel vieler Akteure zu verdanken. Mit der Unterstützung von Ausbildungspartnern wie den Agenturen für Arbeit, dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, dem hessischen Kultusministerium oder der IHK und Förderern wie der Stiftung von J.P. Morgan hat das bbw heute ein bundesweit einzigartiges Angebot. Damit bringen wir eine älter werdende Gesellschaft und Jugendliche mit Förderbedarf gewinnbringend zusammen“, sagt Torsten Denker, bbw Geschäftsführer.

Dass dies funktionieren kann, beweist bbw-Absolvent Poul täglich in seiner Arbeit im Kursana Domizil in Seligenstadt. „Poul erledigt seine Aufgaben von Anfang an zuverlässig und mit viel Motivation. Dass er einen Förderbedarf hat, spielt keine Rolle. Außerdem bringt er besonderes Mitgefühl für die Bewohner*innen unserer Einrichtung mit“, sagt Gertraud Rebmann, Direktorin der Kursana-Pflegeeinrichtung. „Ohne Empathie und Geduld geht es nicht. In meinem Beruf muss ich auf Menschen eingehen können“, bestätigt der junge Mann beim Absolventengespräch. Aber Kontakt mit anderen war nicht immer leicht für den jungen Mann. Erst im bbw hat Poul gelernt, seine extreme Schüchternheit zu überwinden und selbstbewusst auf andere zuzugehen. Auch der bbw-Förderunterricht in Mathe hat ihm sehr geholfen, so dass er ausbildungsbegleitend seinen Hauptschulabschluss nachholen konnte.

Alle Beteiligten des Absolventengespräches sind sich einig: Es braucht dringend bundesweit einen niederschwelligen Zugang zu Pflegeberufen, um neuen Zielgruppen einen Weg in die Pflege zu ermöglichen. Das innovative Ausbildungskonzept mit seinen begleitenden Unterstützungsangeboten im bbw Südhessen zeigt, dass auch junge Menschen mit Förderbedarf qualifizierte Fachkräfte in der Altenpflege werden können.

 

HINTERGRUNDINFOMATION:

Ausbildungsgang:
Fachpraktiker*in Hauswirtschaft mit Zusatzqualifikation Altenpflegehelfer*in

Dauer:
3 Jahre, Beginn: jeweils im Sommer jedes Jahres

Voraussetzungen:
Für diese Ausbildung muss der zuständige Leistungsträger (z. B. Agentur für Arbeit) überprüft haben, dass ein Anspruch auf eine be-rufliche Teilhabe nach dem Sozialgesetzbuch besteht. Die Kosten für Ausbildung und/oder Wohnen werden in der Regel bei vorliegender Eignung vollständig vom Leistungsträger übernommen.
Ein Hauptschulabschluss (HS9) ist nicht notwendig. Es reicht ein Abgangs-zeugnis der Klasse 8 einer allgemeinbildenden Schule.
Die gesundheitliche Eignung zur Ausübung des Berufes muss gegeben sein.

Abschluss:
Nach erfolgreich bestandenen Prüfungen schließen die Absol-vent*innen mit zwei Berufsabschlüssen (Altenpflegehelfer*in, Fach-praktiker*in Hauswirtschaft) ab, die den Durchstieg in die Vollberufe Pflegefachmann/Pflegefachfrau bzw. Hauswirtschafter*in ermögli-chen.

 

Der Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen in Hessen

Nach dem pandemiebedingten Anstieg im Jahr 2021 ist die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen in diesem Jahr wieder deutlich gesunken und liegt aktuell unter dem Niveau von 2019.
Im Oktober 2022 waren in Hessen 10.448 schwerbehinderte Menschen arbeitslos gemeldet. Knapp 60 Prozent davon wurden im Rechtskreis SGB II betreut. Mehr als die Hälfte der schwerbehinderten Arbeitslosen war älter als 50 Jahre.
Die Abgangschance von schwerbehinderten Arbeitslosen im vergangenen 12 Monatszeitraum liegt mit 3,4 Prozent günstiger als im Bundesschnitt (3,1 Prozent).
Mehr als 104 Tausend schwerbehinderte Menschen waren in Hessen im Jahr 2020 nach dem Anzeigeverfahren § 163 SGB IX in Beschäftigung. In Deutschland sind private und öffentliche Arbeitgeberinnen und Arbeitge-ber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten oder anderen an-rechnungsfähigen Menschen zu besetzen. In Hessen wurde die Pflichtquote mit 5,1 Prozent erfüllt. Dennoch lagen von den 19 Wirtschaftsabschnitte elf unter den gesetzlichen Vorgaben. Die höchste Quote erreichte der Öffentliche Dienst (7,6 Prozent).

 

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