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Queer - ein Begriff gewinnt an Bedeutung

Was bedeutet „queer“?

„Queer“ ist ein Sammelbegriff für alle, die sich in ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer sexuellen Identität nicht der „heteronormativen“ Mehrheitsgesellschaft zugehörig fühlen. Das können zum Beispiel Menschen sein, die lesbisch, schwul, bi, transsexuell, intersexuell, genderqueer oder nichtbinär sind. Heteronormativ ist die Gesellschaft deshalb, weil Heterosexualität von einer großen Mehrheit der Menschen als das „Normale“ empfunden und von anderen erwartet oder gefordert wird. Menschen, die dieser Norm nicht entsprechen, sahen sich in der Vergangenheit oft mit Vorurteilen und Ablehnung konfrontiert. Trotz gesetzlich fundierter Gleichberechtigung und Antidiskriminierung in vielen Ländern werden sie oft auch heute noch als „anders“ ausgegrenzt und angegriffen (Homophobie, Transfeindlichkeit etc.), in manchen Ländern sogar eingesperrt oder mit der Hinrichtung bedroht.

Häufig verwendete Begriffe, die das Gleiche meinen wie queer, sind die Kürzel LGBTIAQ (für lesbian, gay, bi, trans*, inter*, asexual/aromantic, queer) oder LSBTIAQ (= die deutsche Variante, in der S für „schwul“ statt „gay“ steht). Der Genderstern (*) symbolisiert dabei die vielfältigen sexuellen Identitätsformen. Es gibt auch Varianten, die weniger Buchstaben enthalten oder in einer anderen Reihenfolge, wie LSGTIQ, LSBTIQ, LSBTI oder LSBT.

Woher kommt das Wort queer?

Das Wort queer kommt aus dem Englischen und ist mit dem deutschen Wort „quer“ verwandt. Früher wurde queer im Sinne von „sonderbar, suspekt, pervers, verrückt“ negativ verwendet, um Homosexuelle abzuwerten. Seit den 1990er-Jahren hat die Community sich diese negative Bezeichnung angeeignet und sie ins Positive gewendet, als Selbstbezeichnung für alle Personen, die nicht traditionell hetero sind. Ganz ähnlich, wie „schwul“ von einem Schimpfwort zu einer positiven Selbstbezeichnung wurde. Eine solche Aneignung negativer Bezeichnungen (Reclaiming) fand zuerst bei Schwarzen Menschen in Amerika statt.

Im bbw Südhessen haben wir eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die nennt sich “diversitastisch”. Hierbei handelt es sich um ein Talkshow-Format. Menschen stellen sich vor und berichten von ihrem ganz persönlichen Weg. Damit gehen wir auch an Schulen. Wir  beleuchten alle Farben von Diversität. Vor allem geht es uns darum, über Vielfalt und “Anderssein” aufzuklären und zu sensibilisieren. Und das BESTE: Schulen in der Wetterau haben nun die Möglichkeit, unser bbw-Angebot bis Juni 2024 über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert zu erhalten. Einfach eine Förderung beantragen und so eine inspirierende Vielfalts-Talkshow ermöglichen, die thematisch perfekt zu Ihrer Schule passt.

Ergänzend dazu bieten wir interaktive Workshops an, in denen Schüler*innen die Chance bekommen, sich intensiv mit vielfältigen abstrakten Themen zu beschäftigen.

Ist jeder homosexuelle, bisexuelle, transsexuelle, intersexuelle Mensch automatisch queer?

LSBTIAQ-Personen bezeichnen sich oft auch als queer – aber nicht immer. Nicht alle Lesben und Schwule, Trans*, Inter* oder Asexuellen wollen sich selbst als queer bezeichnen. Meist bezeichnen sich Menschen als queer, wenn sie sich als „nicht cisgeschlechtlich“ empfinden. Was „cisgeschlechtlich“ bedeutet? Cisgeschlechtlich ist das Gegenteil von transgeschlechtlich. Cis und trans sind Lateinisch und bedeuten „diesseits“ und „jenseits“. Eine Person ist „cis“, wenn sie bei der Geburt als Mädchen oder Junge bestimmt wurde und sich in Übereinstimmung damit auch selbst als „weiblich“ oder „männlich“ fühlt. Cis ist also das, was aus Sicht der Mehrheitsgesellschaft das „Normale“ ist.

„Nicht cis“ bedeutet, dass eine Person sich teilweise nicht oder gar nicht mit den Geschlechtszuweisungen (bzw. -stereotypen) identifizieren kann, die ihrem bei der Geburt bestimmten Geschlecht entsprechen. Das gilt keineswegs nur für Transsexuelle. „Nicht cis“ sagt also nichts über die sexuelle Orientierung aus, sondern etwas über die eigene sexuelle Identität.

Queer ist ein offener Begriff, der sich verändert

Für queer gibt es keine einheitliche Definition; der Begriff ist seit seiner Entstehung von einem ständigen Veränderungs-, Aneignungs- und Interpretationsprozess geprägt. Unklar ist zum Beispiel, ob Polyamorie, Pan-, Polysexualität oder BDSM dazugehören. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen leistet die „Queer-Theorie“. Im deutschsprachigen Raum wurde die Queer-Theorie vor allem über die amerikanische Philosophin Judith Butler verbreitet, die davor warnte, queer als eine feste Identitätsbestimmung zu verstehen.

Gemeinsam ist allen Verwendungen des Ausdrucks queer die Vorstellung, dass die vorherrschende Heteronormativität hinterfragt und aufgelöst werden soll, damit alle Menschen ihr Leben mit vielfältigen Formen von Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen frei von Normen und Vorurteilen leben können.